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Licht und Schatten

Notwendige Sanierungen österreichischer Tunnel führen immer wieder zu Sperren – gibt es Licht am Ende des Tunnels?


Tunnelsanierungen in Österreich

Jeder kann ein Lied davon singen: Die Verkehrssituation ist schwierig, manchmal sogar problematisch. Abhilfe sollten Tunnel schaffen, denn was sich schon früher für die Eisenbahn bewährt hat, kann auch dem Straßenverkehr helfen. Aufgrund der geografischen Gegebenheiten verfügt Österreich heute über sehr viele Tunnel und liegt damit europaweit im Spitzenbereich. Doch was einst als Verbesserung entstand, wird inzwischen als selbstverständlich angesehen. Werden Tunnel gesperrt, ist Ärger vorprogrammiert. Denn die durch die Berge getriebenen Röhren sind durch das konventionelle Straßennetz nicht adäquat zu ersetzen. Das moderne System unterirdischer Verkehrswege bringt viele Vorteile, verlangt aber auch viel Geduld, wenn es auf dem aktuellen Stand gehalten werden soll. Denn die Straßentunnel von heute sind weit mehr als nur ausbetonierte Röhren.


Tunnel sind teuer, und Tunnel zu planen und zu bauen, ist ein langwieriger Vorgang, für den man leicht zehn Jahre veranschlagen kann, oft auch deutlich mehr. Deshalb schaffen sie nicht sofort Abhilfe, sondern werden erst weit in der Zukunft wirksam, wenn die Verkehrssituation vielleicht ganz anders aussieht als heute. Die künftigen Anforderungen an die Kapazität der Röhren ist nicht leicht zu bemessen, was zur Notwendigkeit späterer Erweiterungsmaßnahmen führt: Reicht eine Röhre nicht mehr, fangen die ganzen Arbeiten wieder an, diesmal für Röhre Nummer zwei. So attraktiv die Vorstellung eines schnellen Durchfahrens ganzer Berge auch ist – die Tunnellösung ist doch nie fertig. Zu den Errichtungs- und Umweltkosten für Ausgleichsflächen kommen die laufenden Betriebs- und späteren Sanierungskosten hinzu. Diese besonders aufwendig errichteten speziellen Verkehrswege sind von der Planung bis zur Instandhaltung kompliziert und teuer, sie legitimieren sich durch das wachsende Verkehrsaufkommen.


Der wesentliche Anlass für Tunnelärger liegt in den immer wieder notwendigen Sanierungen. Wie jede andere Straße auch müssen unterirdische Fahrbahnen ausgebessert und modernisiert werden. Hier kommt jedoch noch ein erheblicher zusätzlicher Sanierungsbedarf hinzu, weil die Tunnelwege inzwischen zu technisch hochkomplexen Systemen weiterentwickelt worden sind. Die modernsten Versionen können bereits Schreigeräusche registrieren. Da Tunnel besondere Verkehrswege sind, die von allen Benutzern erhöhte Aufmerksamkeit und Vorsicht verlangen, sind diese technischen Weiterentwicklungen keineswegs nur Fortschrittsspielereien, sondern wichtige Bausteine für mehr Sicherheit. Wenn es in diesen engen Verkehrsbereichen zu Unfällen kommt, sind gleich sehr viele Verkehrsteilnehmer betroffen, ein Ausweichen ist nicht ohne Weiteres möglich, außerdem sind die Anfahrtswege für Rettungskräfte länger und enger als auf normalen Straßen.


Sperren durch Sanierungsarbeiten wirken sich vor allem dort sehr negativ aus, wo die Verkehrslage schon im Normalbetrieb besonders prekär ist. Ein Beispiel ist die Sanierung der Tauernautobahn A10, die noch bis Juni 2025 andauert. Dieser wichtige Verkehrsweg ist Teil einer der wichtigsten Nord-Süd-Verbindungen von Europa, nämlich der Europastraße 55, die von Helsingborg (Schweden) bis Kalamata (Griechenland) führt. In Österreich stellt sie die wichtigste Straßenverbindung zwischen Salzburg und Kärnten dar. Auf ihrer Strecke von fast 194 km befinden sich 14 Tunnel. Wenn nur einer davon gesperrt werden muss, hat das Auswirkungen auf die ganze Strecke, weil diese Autobahn in erster Linie dem Fernverkehr dient und daher überwiegend in großen Abschnitten (oder sogar komplett) befahren wird. Sie wird insbesondere als Direktverbindung zwischen Deutschland und Südtirol genutzt. Wenn es im einen Land einen Feiertag gibt und im anderen nicht, hat dies unmittelbare Auswirkungen auf die Verkehrssituation in Österreich. Auch ohne kalendarische Differenzen ist die Strecke insbesondere in der Urlaubszeit stark belastet, es kommt immer wieder zu Staus. Teilweise ist die Tauernautobahn eine Mautstrecke, nämlich im Bereich des Katschberg- und Tauerntunnels. Derzeit werden auf einem Abschnitt von 14 km mehrere Tunnel generalsaniert


Durch Umleitungen wird auch das umliegende Straßennetz stärker belastet. Kein Wunder, wenn diese Situation allgemein als unbefriedigend aufgefasst wird. Zwischen Golling und Werfen quält sich der Verkehr fast zwei Jahre lang durch eine Großbaustelle. Dabei versuchen die Verantwortlichen, dem Verkehr zumindest ein Schlupfloch zu lassen: Bis Juni 2024 bleibt jeweils eine Tunnelröhre für den Verkehr in beiden Richtungen offen. In der Hauptreisezeit im Sommer werden die Bauarbeiten sogar unterbrochen. Ab September geht es dann weiter mit jeweils einer befahrbaren Röhre, und im Juni 2025 soll bereits alles fertig sein. Doch das hält nur einen Teil der Verkehrsteilnehmer davon ab, unzufrieden zu sein. Dazu trugen auch die Sperren verschiedener Autobahnabfahrten bei, durch die das niederrangige Verkehrsnetz geschont werden sollte und die Anfang April aufgehoben wurden. Wer wirklich in die Umgebung wollte, durfte abfahren. Die anderen waren zur Schleichfahrt verdammt.


Ein anderes Beispiel ist der Gleinalmtunnel mit einer Länge von 8,3 km, der die Fahrt auf der Pyhrnautobahn A9 zur Zeit etwas beschwerlich macht. Dass man ihn ohne Autobahnvignette befahren kann, löst keine Jubelstürme aus, den stattdessen fällt hier Maut an. Für die Einhebung der Maut bedarf es einer Mautstelle, und nur weil die saniert wird, kommt es auf dem Streckenabschnitt zu Staus und Verzögerungen, ab Herbst auch zu Tunnelsperren. Wo es einen Tunnel gibt, da gibt es aber auch Vorteile: Hier lassen sich etwa 30 km Fahrtstrecke einsparen, und den Aufenthalt im Stau kann man ja nutzen, um zu lesen oder sich ein zweites Frühstück zu gönnen.

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