Test: Renault Trucks T440.
Optifuel macht ihn zum Sparmeister
Renault Trucks T 440 Optifuel, mit Sleeper Cab
Ganz in Rot strahlt unser Testwagen. Bei besten Wetterbedingungen begeben wir uns mit ihm auf die Blickpunkt-Teststrecke. Der dynamische Eindruck des 2013er-Designs hat nichts von seiner Wirkung eingebüßt. Die Gemüter im Fahrerlager haben sich beruhigt und der anfängliche Wirbel um die für manche ungewöhnliche Frontoptik ist der Akzeptanz gewichen. Die Wende vom Vorurteil zur Tatsache mag wohl im erfreulichen Sprithaushalt des Franzosen begründet sein. Erreicht wird die gute Verbrauchsbilanz durch das Programm Optifuel – ein Paket verbrauchsreduzierender Maßnahmen, unter anderem eine ausgeklügelte Aerodynamik – durch eine um 12° nach hinten geneigte Windschutzscheibe, durch das trapezförmige Fahrerhaus mit einer Breite von 2,3 m vorn und 2,5 m hinten, auf dem ein schnell verstellbarer Dachspoiler angebracht ist, durch in die Scheinwerfer integrierte Windabweiser, durch Stoßstangenerweiterungen und durch Fahrgestellverkleidungen mit Verlängerungen. Wir betreten das „Sleeper Cab“-Fahrerhaus über drei breite, rutschsichere, beleuchtete und übereinander angeordnete Stufen. Erleichtert wird uns der Zugang durch den großen Öffnungswinkel der Türen von 85°. Obwohl der Boden des Fahrerhauses nicht eben ist (200 mm hoher Mitteltunnel), ist trotz der Erhöhung eine Stehhöhe von 1.853 mm gegeben. Die Materialien von Armaturenbrett und Türverkleidungen sind robust, wirken aber dennoch sehr hochwertig. Der bequeme lederbezogene Fahrersitz punktet mit Luftfederung, integriertem Gurt (immer noch in Rot gehalten), verstellbarer Lendenwirbelstütze, verstellbarer Sitzpolsterverlängerung, Sitzheizung, Sitzbelüftung und zwei verstellbaren Armlehnen. Das übersichtliche Armaturenbrett beinhaltet eine Mittelkonsole, die zum Fahrer hin orientiert ist. Unter der digitalen Geschwindigkeitsanzeige und zwischen den analogen Armaturen liefert ein 7“ großes Farbdisplay alle Informationen, die für den Fahrer wichtig sind. Ein weiteres Display rechts auf dem Armaturenträger dient der Navigation und der Optifleet-Anbindung. Das lederbezogene, dreifach verstellbare Vierspeichen-Multifunktionslenkrad ist mit Tasten für den Tempomat und die Telefonbedienung ausgestattet. Mit Dreh- und Druckreglern unter dem Lenkrad kann der Fahrer bequem durch die Menüs des Bordcomputers scrollen, ohne die Hände vom Volant zu nehmen. Die Bedienung des Optidriver-Getriebes erfolgt über einen rechts vom Lenkrad angeordneten platzsparenden Lenkstockschalter mit selbsterklärender Bedienung. Ebenfalls rechts vom Lenkrad finden wir den Bedienhebel für die Retarderfunktion. Im rechten oberen Bereich des Armaturenbrettes befindet sich der Schalter für die automatische elektrische Parkbremse. Zwei Leuchtdioden am großflächigen Schalter informieren den Fahrer über den Status der Feststellbremse. Über unterschiedlich angeordnete Drehregler lassen sich Funktionen wie Fahrlicht, Innenbeleuchtung und adaptiver Geschwindigkeitsregler einstellen. Zur individuellen Konfiguration des Fahrerplatzes ist das Armaturenbrett mit frei belegbaren Schaltern versehen. Die hervorragende Rundumsicht wird auch durch die überraschend schmale A-Säule und die gut angeordneten Rückspiegel gewährleistet. Das Sleeper Cab-Fahrerhaus hat Wohncharakter, es bietet bequeme Liegen, Kühlschrank, Standklimaanlage und viele geräumige Staufächer.
Kräftiger Motor
Der Renault T 440 Optifuel wird von einem aufgeladenen Reihensechszylinder-Dieselmotor mit einem Hubraum von 12,8 l angetrieben. Er besitzt eine obenliegende Nockenwelle, hat vier Ventile pro Zylinder, Common Rail-Einspritzung und natürlich die Abgasreinigung für Euro 6. Der Motor leistet maximal 440 PS bei einer Drehzahl von 1.404 bis 1.800 U/min und stellt ein maximales Drehmoment von 2.200 Nm über den breiten Drehzahlbereich von 900 bis 1.404 U/min bereit. Der Motor arbeitet laufruhig und vibrationsarm. Die steilen Anstiege zum Semmering-Pass meisterte das Fahrzeug mit 44 km/h im neunten Gang, was für ein voll ausgeladenes Fahrzeug mit 440 PS ein guter Wert ist.
Freundliches Cockpit, die Schalterblöcke lassen sich herausnehmen und neu gruppieren.
Getriebe und Tempomat
Über das bewährte Optidriver-Getriebe AT 2412F (Basis Volvo I-Shift-Getriebe) wird die Kraft des Motors auf die Straße übertragen. Es handelt sich dabei um ein automatisiertes Getriebe mit zwölf Vorwärtsgängen und drei Rückwärtsgängen, das uns wie gewohnt mit sehr schnellen und kaum spürbaren Schaltvorgängen auf unserer Testrunde verwöhnt und die Zugkraftunterbrechungen äußerst kurz hält. Optivision, der vorausschauende Tempomat mit GPS-Einbindung, berücksichtigt sowohl die Streckentopografie als auch gespeicherte Streckenverläufe und ermittelt daraus die effizienteste Schaltstrategie und Beschleunigung in Hinblick auf den Kraftstoffverbrauch. Die Daten werden nicht nur lokal im Fahrzeug gespeichert, sondern auch zentral auf einem Server via GPRS-Datenübertragung. Dadurch hat das Fahrzeug die Möglichkeit, auf Daten anderer Trucks am Server zuzugreifen und kann bereits ab der ersten Fahrt Kraftstoff sparen. Der Geschwindigkeitsregler ist gleichzeitig mit der Optiroll-Funktion gekoppelt, die unter bestimmten Voraussetzungen einen „kontrollierten Freilauf“ erlaubt. Bei unserem Test ist die Weiterentwicklung der Optiroll-Funktion durch erheblich längere Rollphasen deutlich zu spüren. Das Freilaufsystem arbeitet so gefühlvoll, dass es für uns oft nur am Drehzahlmesser zu erkennen ist, ob das System gerade aktiv ist und den Schwung des Lkw zum Rollen nützt, um Kraftstoff zu sparen. Drei Betriebsmodi stehen zur Verfügung: Entweder man entscheidet sich für den optimierten Treibstoffverbrauch (in Steigungen: Geschwindigkeitsverringerung um maximal 5 km/h; im Gefälle: Geschwindigkeitssteigerung um maximal 8 km/h), oder man wählt einen guten Kompromiss zwischen Verbrauch und Durchschnittsgeschwindigkeit (in Steigungen: Geschwindigkeitsverringerung um maximal 3 km/h; im Gefälle: Geschwindigkeitssteigerung um maximal 5 km/h). Die dritte Möglichkeit besteht im Halten der gewählten Geschwindigkeit (Begrenzung der Höchstgeschwindigkeit ist ab einer Überschreitung von 3 km/h aktiv). Renault Trucks verspricht, dass Transportunternehmer den Verbrauch ihrer Fahrzeuge um bis zu 5 % senken können, wenn sie mit dem Fuel Eco-Paket (deaktivierter Power-Modus, Eco Cruise Control mit kontrolliertem Freilauf Optiroll, auskuppelbarer Druckluftkompressor, Lenkungspumpe mit variabler Förderleistung, automatische Motorabschaltung, Schaltsteuerung Fuel Eco) und Optivision ausgerüstet sind. Besonders erfreulich war unser Treibstoffverbrauch, der auf unserer anspruchsvollen Testrunde mit 25,5 l/100 km auffallend niedrig war.
Scheinwerfer mit integriertem Windabweiser
Thema Sicherheit
Gebremst wird unser Testwagen T 440 rundum mit Scheibenbremsen und einer leistungsfähigen, verschleißfreien Dauerbremse Optibrake+ (Leistung von 382 kW bei 2.300 U/min). Zusätzliche Sicherheit bietet ein hydraulischer Voith-Retarder (450 kW bei 3.250 U/min). Nicht nur bei Schönwetter ist gute Sicht für die Sicherheit wichtig, sondern ganz besonders bei Regen. Dafür sorgt der Regensensor-gesteuerte Scheibenwischer mit seinen immer angepassten Wischintervallen. Modern designte Xenon-Hauptscheinwerfer mit LED-Tagfahrlicht und einer Scheinwerferwaschanlage gewährleisten die sehr gute Ausleuchtung der Fahrbahn. Ferner ist das Fahrzeug auch mit Kurvenlicht und Nebelscheinwerfern ausgestattet. Besonders stylisch finden wir die vorderen Blinkerleisten, die mit ihren acht LEDs nicht übersehen werden können. Bei unserer Testfahrt durch die Tunnel des Semmerings leistet uns die Scheinwerferautomatik mit dem automatischen Ein- und Ausschalten gute Dienste bei den wechselnden Lichtverhältnissen. Zum Fahrkomfort gehören Fahrerassistenzsysteme. Dazu zählen selbstverständlich das Antiblockiersystem (ABS), die Antischlupfregelung (ASR) und die Stabilitätskontrolle und Kippschutz (ESC/Electronic Stability Control). Der Adaptive Geschwindigkeitsregler sorgte immer für den eingestellten Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug. Der Spurhalteassistent (LDWS) warnte uns mit einem Audiosignal, wenn wir ungewollt von dem Fahrstreifen abwichen. Glücklicherweise hatten wir keine Verwendung für den automatischen Notbremsassistenten (AFU), der uns vor einer möglichen Kollision gewarnt und anschließend das Fahrzeug bis zum vollständigen Stillstand gebremst hätte. Zusätzlich hätte das Notbremslicht Emergency Brake Light (EBL) nachfolgende Fahrzeuge durch blinkende hintere Bremslichter auf uns aufmerksam gemacht. Die Berganfahrhilfe Hill Start Aid unterstützte uns beim Anfahren auf Steigungen wirkungsvoll. Dabei wird das Zurückrollen verhindert, indem der Bremsdruck noch einige Sekunden nach Loslassen des Pedals aufrechterhalten wird. Die Automatische Parkbremse (EPB/Electronic Parking Brake), die beim Ausschalten des Motors aktiv wird, halten wir für eine ausgesprochen gute Idee. Die Automatische Reifendruckkontrolle hätte uns beim Druckverlust in einem Reifen visuell gewarnt. Insgesamt überzeugte uns das Fahrzeug auch mit seinem sicheren Fahrwerk (Luftfederung an der Vorderachse) und seinen sehr guten Handling-Eigenschaften.