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Mobilitätspaket Im Schneckentempo zur Reform


Fortschritte ja, aber nicht da, wo es darauf ankommt. So lässt sich der Zwischenbericht zu den Verhandlungen über das Mobilitätspaket von Verkehrskommissarin Violeta Bulc zusammenfassen, den die estnische Ratspräsidentschaft Anfang Dezember in Brüssel ihren Kollegen vorgelegt hat: „Wir haben wichtige Fortschritte bei einigen Aspekten der Vorschläge gemacht, aber es sind noch mehr Anstrengungen nötig, vor allem bei entsandten Arbeitnehmern und den Kabotage-Regeln“, fasste Estlands Wirtschafts- und Infrastrukturminister Kadri Simson den aktuellen Stand zusammen. Er hoffe, dass die bisher geleistete Arbeit sowie die Diskussion der Verkehrsminister zu substantiellen Fortschritten führten und es insbesondere ermöglichen werde, bei den offenstehenden Themen voranzukommen, sagte Simson, der den Vorsitz zum Jahresende an seinen bulgarischen Kollegen übergeben wird. Die bisherige Arbeit, das sind sechs Monate Diskussionen über das umfangreichste Gesetzgebungspaket, mit dem sich der Rat der EU je zu befassen hatte. Dabei sind sich die Minister über die Grundsätze, nach denen Verkehrskommissarin Bulc den Straßengüterverkehr in er EU reformieren will, zumindest nach außen hin weitgehend einig: einen fairen Wettbewerb auf dem Markt schaffen, für angemessen Arbeitsbedingungen für die Fahrer zu sorgen, die Sicherheit aller auf den Straßen zu verbessern, Betrug und unfaire Praktiken bekämpfen – gegen diese Ziele wollte sich im Rat der Verkehrsminister niemand wenden. Daraus ließen sich für Simson dann auch die erzielten Fortschritte ableiten: Beim Kampf gegen Briefkastenfirmen, der Unterstützung für die schnelle Einführung intelligenter Fahrtenschreiber oder auch bei der Einbeziehung von leichten Nutzfahrzeugen in das Regelwerk habe es viel Zustimmung gegeben, stellte der Ratspräsident fest. Anders sieht das bei den zentralen und am stärksten umstrittenen Themen aus: „Unser Vorschlag zu den Lenk- und Ruhezeiten, der das Verbringen der Ruhezeit im Fahrzeug verbietet, zugleich aber zwei verkürzte Ruhezeiten in Folge erlaubt, hat nur geteilte Zustimmung bekommen“, musste Bulc einräumen. Und bei der Kabotage klang sie kaum zuversichtlicher: Es habe eine gewissen Einigkeit über die Notwendigkeit gegeben, die Regeln zu vereinfachen und sie mehr auf die Zeit statt auf die Anzahl der Operationen zu basieren, stellte sie fest. Bulc rief die Minister auf, sich die Vorschläge der Kommission noch einmal genauer anzuschauen und dann die Diskussionen über das Thema voranzutreiben. Das wird auch bei der Entsendung von Arbeitnehmern nötig sein: Die Präsidentschaft habe sich da bisher auf die Diskussion über die Verwaltungsvorschriften konzentriert, die ein Straßentransportunternehmen erfüllen muss. Es sei jetzt an der Zeit, nach einer breiten Lösung zu suchen, zu der auch Basissätze für die anzuwendenden Mindestlöhne gehörten, sagte die Kommissarin. Die Sozialminister der EU-Mitgliedstaaten hatten sich im Herbst auf eine Reform der EU-Entsenderichtlinie geeinigt, dabei den Verkehrssektor aber ausdrücklich ausgenommen, weil dieser eine Sonderregelung benötige. Allerdings vereinbarten sie bereits, dass der Grundsatz des gleichen Lohnes für gleiche Arbeit am gleichen Ort auch für die Transportbranche gelten müsse. Wie dies unter den besonderen Bedingungen dieser Branche umgesetzt werden kann, wir eines der zentralen Probleme bei den Diskussionen der Verkehrsminister in den kommenden Monaten sein. Bei deren Debatte Anfang Dezember gab es wenige Überraschungen: Die sogenannte „Straßen-Allianz“, zu der sich die meisten alten, westeuropäischen Mitgliedstaaten der Union zusammengeschlossen haben, sah sich dort den Osteuropäern und Balten-Staaten gegenüber, die sich für eine weitgehende Marktöffnung ohne einschränkende Regeln und Kontrollen einsetzen. Dagegen wendet sich die Allianz gegen eine „ideologische Liberalisierung“, wie es Österreichs Verkehrsminister ausdrückte. Vor allem fordern die Westeuropäer eine weitgehende Begrenzung von Kabotage-Fahrten: „Die Kabotage muss eine zeitlich begrenzte Aktivität bleiben, ihre maximale Dauer muss begrenzt werden und die Zahl der Operationen limitiert bleiben“, fasste die französische Ministerin Elisabeth Borne die Position der Staaten der Allianz zusammen.


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