Herausforderungen an die Werkstätten von morgen
Das Thema „Ist meine Lkw-Werkstatt auf die digitalen Herausforderungen, Vernetzung, Elektromobilität vorbereitet“ stand im Mittelpunkt des im Rahmen der AutoZum veranstalteten 5. Tages der Transportwirtschaft. Zu dieser Thematik referierten Transportunternehmer KR Franz Danninger (Fachverbandsobmann des Gütertransportgewerbes), Mag. Ing. Franz Weinberger (Sprecher der Lkw-Importeure in der Industriellenvereinigung und MAN Marketingchef), Transportrechtsexperte Rechtsanwalt Dr. Dominik Schärmer, Dr. Christian Spendel (GF in der Petschl Unternehmensgruppe), Harald Winkler (Würth Divisionsleiter Automotiv) und Roland Furthmayr (Würth Key Account Manager).

Hochspannung
Welche Branchentendenzen im Transportgeschäft für die nahe Zukunft zu erwarten sind, wurde schon auf der letzten IAA Nutzfahrzeuge im September des letzten Jahres deutlich aufgezeigt. War man vor zwei Jahren noch überzeugt, dass Elektromobilität im Nutzfahrzeug fast nicht umzusetzen ist, sind inzwischen die Preise der Batterien gesunken und deren Leistungsfähigkeit gestiegen. Die Elektromobilität steht auch im Nutzfahrzeug vor der Tür, zumindest wenn es um den urbanen Lieferverkehr geht, um etwa zu nachtschlafender Zeit emissions- und geräuschlos Transportaufgaben übernehmen zu können. Beim Bus ist die Elektromobilität schon angesagt und es gibt Städte in Europa, die zukünftig nur noch Elektrobusse ausschreiben werden, dies wurde schon angekündigt. Die beim Bus bereits eingesetzte Technologie der Schnellladung über einen Pantografen soll auch beim Lkw umgesetzt werden. Damit dem Transporteur beim Umstieg auf Elektrofahrzeuge kein Nachteil durch das Mehrgewicht der Batterie entsteht, hat der Gesetzgeber ein Zugeständnis von bis zu einer Tonne bei der Gesamtnutzlast gemacht. Der Umstieg auf Elektrofahrzeuge stellt Werkstätten und Einsatzkräfte, die zu einem verunfallten Fahrzeug kommen, vor neue Herausforderungen. Um sich hier in jeder Hinsicht auf der sicheren Seite zu bewegen, erfordert es einer umfassenden Ausbildung in diese Richtung. „Für das Werkstattpersonal gilt es, einen Befähigungsnachweis über eine Hochvolt-Qualifizierung zu erbringen, und es muss natürlich auch entsprechendes Equipment vorhanden sein, um sicher, effizient und rechtlich abgesichert arbeiten zu können“, erläuterte MAN Marketingleiter Mag. Ing. Franz Weinberger.
Digitalisierung
In seinen weiteren Ausführungen ging Weinberger auf die zunehmende Digitalisierung ein, die im Transportwesen Einzug hält. „Um ein effizientes Arbeiten sicherzustellen, muss ein kontinuierlicher Fluss in der gesamten Transportkette gegeben sein. MAN will daher die Transportbranche zukünftig mit der cloud-basierten Plattform ,Rio‘ besser vernetzen. Wir sind überzeugt, dass nur über einen effizienten Daten- und Informationsaustausch Logistiker und Spediteure künftig wieder höhere Gewinne einfahren können. Die Plattform Rio verbindet dabei alle Akteure einer Lieferkette, vom Versender, über den Spediteur, Verlader, Disponenten, Fahrer bis hin zum Empfänger. Verschiedenste Daten werden gesammelt und ausgewertet. Es geht hier nicht darum, ein weiteres Telematiksystem auf den Markt zu bringen. Vielmehr hat MAN Rio bewusst als offene Plattform konzipiert, welche die zahlreichen Insellösungen zusammenführt. Letztendlich gilt es, überholte Verhaltensweisen hinter uns zu lassen und für neue digitale Lösungen bereit zu sein“, so Mag. Weinberger.

Rechtliche Aspekte
Wichtiges über innerbetriebliche Kontrollsysteme erläuterte Transportrechtsexperte Rechtsanwalt Dr. Dominik Schärmer: „Bei Lkw-Diebstählen, Sendungsverlusten oder bei der Haftungsabwehr von Verspätungsschäden ist eine im Unternehmen implementierte rein digitalisierte automatisierte Überwachung des Fahrzeuges nicht ausreichend, um eine entsprechende Deckung durch die Versicherung geltend zu machen, sondern es muss eine Mischung aus persönlicher und digitalisierter Überwachung nachgewiesen werden. Die Digitalisierung und Vernetzung der Fahrzeuge und damit ständige Überwachung bringt aber auf jeden Fall den Vorteil, dass man im Rechtsstreit mehr Verteidigungsmöglichkeiten hat. Digitalisierung hat als Kontrollsystem einen sehr hohen Level und man kann gegenüber dem Gericht nachweisen, dass man ein sehr hohes Niveau in der Überwachung der Fahrer sowie Fahrzeuge hat“, erläuterte Dr. Schärmer.
Fuhrparküberwachung
Dr. Christian Spendel (GF in der Petschl Unternehmensgruppe) erläuterte Telematiksysteme, die bereits im Unternehmen Einzug gehalten haben. Die Petschl-Gruppe unterhält einen Fuhrpark von 140 Fahrzeugen mit 170 Aufliegern und betreibt eine der modernsten Werkstätten Europas, in der nicht nur die eigene Fuhrparkflotte betreut wird, sondern die auch als Vertragspartner von MAN, Iveco, Volvo und Renault sowie Fassi Ladekräne und Bär Ladebordwände fungiert. „Präventive Wartungsmeldung und integrierte Reparaturservices bringen den größten Nutzen für den Fuhrparkbetreiber, denn nichts schlägt mehr zu Buche als ein ungeplanter Ausfall eines Fahrzeugs. Grundsätzlich gilt es vier verschiedene Interessenslagen im Unternehmen abzudecken und optimal zu koordinieren. So will der Disponent das Fahrzeug im Einsatz wissen, um Umsatz zu machen, der Fahrer will ein funktionierendes Arbeitsgerät, die Werkstatt will vorzugsweise geplant reparieren können und der Fuhrparkleiter muss alle diese Interessen koordinieren. Um eine größtmögliche Unterstützung dieser Interessenslagen zu gewährleisten, haben wir in unserem Unternehmen als Dispo Tool das Flottenmanagementsystem SatMAX Live 7200 sowie das Fuhrpark-Managementsystem Multi-Truck (Fa. TRANSiT) implementiert. Die Überwachung unserer Fuhrparkflotte geht so weit in die Tiefe, dass auch sämtliche Reifen mit Sensoren bestückt sind. Sobald das Fahrzeug auf die Hoftankstelle fährt, erkennt das Empfängersystem, welcher Druck in welchen Reifen ist und übermittelt dies auf einen Monitor. Um die Kommunikation zwischen Werkstatt und Transportbetrieb zukünftig weitgehend papierlos abzuwickeln, ist die Implementation eines Dokumenten-Management Systems (Fa. COUNT IT) geplant“, ließ Dr. Spendel abschließend wissen.

Bestandsmanagement
Ein speziell auf die Bedürfnisse der Petschl-Gruppe konzipiertes Warenentnahmesystem, das die Verfügbarkeit diverser Ersatzteile rund um die Uhr an sieben Tagen der Woche unter Einbeziehung der Identifikation des Entnehmers gewährleistet, stellten Harald Winkler (Würth Divisionsleiter Automotiv) und Roland Furthmayr (Würth Key Account Manager) vor. Gerade Verbrauchsmaterialien mit unregelmäßigem Bedarf spielen in der Kosten- und Effektivbilanz eine große Rolle. Dabei sind es nicht die Materialkosten, die zu Buche schlagen, sondern vielmehr die Beschaffung oder das Fehlen von Hilfs- und Betriebsstoffen, die das Unternehmen viel Zeit und Geld kosten. „Um die einzelnen Bedürfnisse der Unternehmen abzudecken, bieten wir mit unseren ORSY®mat-Lösungen vier verschiedene Systeme, wie Klappenautomat, Spiralautomat, Schubladenautomat und Karussellautomat an. Der Mitarbeiter meldet sich mit seiner Chipkarte an und wählt das Produkt aus. Nach der Entnahme wird dies unmittelbar der entsprechenden Kostenstelle zugewiesen“, erklärt Furthmayr. Als wesentlichste Vorteile der ORSY®mat-Lösungen hebt Furthmayr hervor: 24 Stunden Warenverfügbarkeit, umfassende Kostenübersicht der C-Teile, höchstmögliche Prozesstransparenz, flexible Sortimentsdefinition, automatische Auftragserfassung, zugriffsgesicherte Lagerung hochwertiger Artikel, modulare Bauweise sowie freie Vergabe der Zugangsberechtigungen.