Branchentreff der oberösterreichischen Transporteure.
Am 5. Oktober strahlte nicht nur der goldene Herbst über Hörsching bei Linz, sondern hier strahlten auch die aufgereihten Fahrzeuge namhafter Hersteller vor dem Eingang zum diesjährigen Branchentreff der Transporteure in der Wirtschaftskammer Oberösterreich. Frohgelaunte Besucher, gut gestimmte Branchenvertreter, kompetente Referenten und das zuverlässige Personal der Cateringfirma „1st Event“ sorgten gemeinsam für einen gelungenen Nachmittag.
Die Besonderheiten der Veranstaltung: erstens ein unprätentiöser, aber gediegener und angemessener Rahmen und durchdachte Programmgestaltung, zweitens ein gastronomisches Programm, bei dem sich jemand wirklich etwas gedacht hat, drittens eine auf zwei Durchgänge aufgeteilte Showeinlage dreier Weltklasse-Jongleure, deren Können auf die täglichen Jonglier-Künste in der Branche anspielte, was vom Publikum als überaus passend empfunden wurde. Viertens gelang es den Veranstaltern, namentlich Fachgruppenobmann Günther Reder und Geschäftsführer Christian Strasser, einigen Programmteilen eine sehr persönliche Note zu geben.
Die Botschaft von Fachgruppenobmann Günther Reder: „Ohne Transport läuft gar nichts!“ Reder betonte die Unverzichtbarkeit des Straßengüterverkehrs und warb für die Einigkeit der Branche, der in Oberösterreich 2.000 Betriebe, 25.000 Mitarbeiter, 13.000 Lastwagen und 3.000 Kleintransporter angehören. Die Transporteure sollten „den Blick gerade jetzt, wo sich dunkle Wolken am Konjunkturhimmel häufen, nach vorne richten“. Der Obmann spannte ein Diorama problematischer Tendenzen auf, die den Branchenangehörigen schon gut bekannt sind: Wachstumsflaute, Teuerung, Inflation, Bürokratie, Energiepreise, teils fragliche CO2-Bepreisungen sowie Mauterhöhungen – die Transportwirtschaft hat es gegenwärtig wirklich nicht leicht.
Ein weiteres großes Problem ist der anhaltende Lenkermangel, der auch mit der Bevölkerungsentwicklung zu tun hat: Etwa die Hälfte der Fahrer ist 50 Jahre oder älter, kaum mehr als 7 % sind unter 30. Eine Verbesserung der Lage verspricht man sich von der Aufnahme des Lenkerberufs in die Mangelberufsliste und von der Erweiterung des L17-Führerscheins auf die Klasse C. Gutes gibt es bereits von der Lenkerplattform zu berichten, die von der Fachgruppe auf www.lkwlenker.at betrieben wird. Dort können freie Stellen ausgeschrieben und von Bewerbern gefunden werden. Ein Blick auf die Seite zeigt jedoch schnell die schwerpunktmäßig aufs Bundesland bezogene Ausrichtung: Derzeit sind 47 freie Stellen verzeichnet, 39 davon in Oberösterreich. Der Fahrermangel ist tatsächlich wesentlich dramatischer, als es diese Seite zeigt. Ein Ausbau zu einer bundesweiten Plattform wäre sicher ein guter Schritt.
Als weitere Herausforderungen für das Transportwesen benennt Reder die Ökologisierung und Digitalisierung des Transportwesens. Die Unternehmen können den Weg in die Dekarbonisierung nur dann mitgehen, wenn sie es sich leisten können. Steigende Belastungen durch Steuern, Abgaben und Mauterhöhungen hindern sie geradezu daran. Interessant war an seinem Vortrag auch die Anerkennung verschiedener Wege zum Klimaschutz, immer häufiger fällt der Begriff der „Technologieoffenheit“. Das bedeutet: Neben Elektromobilität kann auch die Wasserstofftechnik sinnvoll sein, ebenso synthetische Kraftstoffe oder HVO100.
Anschließend wurde das Publikum zur Abstimmung über die wichtigsten Anliegen der Branche gebeten – nicht etwa mit Stimmkärtchen, sondern per Mobilgerät und WLAN. Sieger wurde das Anliegen „Reduktion von Steuern und Abgaben“ mit 40,57 % vor „Weniger Bürokratie und Verantwortlichkeiten“ mit 22,29 %. In Summe machen diese beiden höchstgereihten Anliegen immerhin 62,86 % der abgegebenen Stimmen aus. Man kann also sagen: Zwei Drittel der Entscheidungsträger im Transportwesen betrachten staatliche Vorgaben und Abgaben als ihr größtes betriebliches Problem. Das sagt schon etwas aus. Es ist viel von Transformation die Rede, hier ließe sich einmal ansetzen. Übrigens haben andere Branchen ganz ähnliche Beschwernisse im Zusammenhang mit einer zügellosen, nicht unbedingt vernunftgeleiteten Politik.
Was an dem Branchentreff auch noch auffiel, war das betonte Bekenntnis zur Energietransformation, für die es bekanntlich gute Gründe gibt, deren Notwendigkeit aber nicht mehr grundsätzlich hinterfragt wird. Nur allmählich öffnet sich wieder der Raum für den Weiterbestand der Verbrennertechnik – nun unter dem Schlagwort der „Technologieoffenheit“ und unter der Prämisse, damit nur CO2-neutrale Kraftstoffe zu verfahren. Die Politik, so der allgemeine Eindruck, will davon nichts hören: HVO100 ist noch nicht als klimaschützend anerkannt, obwohl es im Dieselfahrzeug unter Zugrundelegung der Gesamtrechnung durchaus mit der Elektrotechnik mithalten kann. Für kleine und mittlere Firmen, die sich die neueste E-Technik einfach nicht leisten können, wäre das eine sinnvolle Lösung, wenn auch nur als Übergangstechnik. Es lohnt sich jedenfalls, auf solchen Branchentreffs auf die Zwischentöne zu achten. Als die Tischnachbarin weiß, dass sie neben jemandem von einer Zeitschrift sitzt, erwähnt sie gleich, dass ihre Firma bereits sieben Elektrofahrzeuge besitzt. Und von den sechs Branchenvertretern, die auf der Bühne kurze Erklärungen zu ihrer aktuellen Unternehmensausrichtung abgeben sollen, beeilen sich fünf, ihre großen Fortschritte auf den Gebieten Elektro- und Wasserstoffantrieb zu betonen.
Hiernach kam die erste Unterhaltungseinlage mit einer gekonnten Darbietung der Gruppe Jonglissimo. Diese wirklich beeindruckende Darbietung ist mit passender, mitreißender Musik unterlegt. Es ist nicht übertrieben, wenn man ihnen bescheinigt, die alte, aber inzwischen ziemlich vorhersehbare Kunst der Jonglage auf ein ganz neues Niveau gehoben zu haben.
Ein echter Jonglierakt ist auch die Aufgabe, den Straßengüterverkehr auf klimaverträgliche Technik umzustellen. Warum dies erforderlich ist und wie man es schaffen könnte, erklärte Bernhard Simmerer dem Publikum. Sein Vortrag stellte die Herkulesaufgabe der Transformation nicht grundsätzlich infrage. Aber er brachte doch einige Details, bei denen man sich nur wundern kann: Beispielsweise hat die Bundesrepublik Deutschland gelegentlich zu viel Strom aus Wind- und Sonnenkraft. Um den wegzuschaffen, wird in österreichischen Pumpkraftwerken Wasser abgelassen, das dann mit dem Grünstrom wieder hochgepumpt wird. Und dafür bezahlt unser Nachbarland, dessen derzeitigem Strommix der Referent nebenbei eine schlechtere Klimabilanz als dem Dieselkraftstoff bescheinigte. Zweierlei ist daran wichtig: Erstens richten solche Schildbürgerstreiche einen Imageschaden für die Transformation an, zweitens entlarven sie dieselben Politiker, die täglich den gar nicht mehr so freien Markt mit ideologischen Regularien belästigen, als Urheber unsinniger Maßnahmen.
Danach gab es eine kurze Runde mit Wortspenden von Vertretern der Hersteller und Servicepartner. Andreas Mayer von MAN erwähnte den Fokus auf den batterieelektrischen Antrieb und wies darauf hin, dass sowohl das Interesse daran als auch die Nachfrage steigen. Außerdem arbeitet das Unternehmen weiter am Wasserstoff-Verbrenner für jene Einsatzzwecke, bei denen die Lade-Infrastruktur an ihre Grenzen stößt. MAN behält bei der Entwicklungsarbeit auch die Brennstoffzelle sowie den Dieselmotor weiter im Blick. Roland Moser von Daimler Truck äußerte sich ähnlich: Verschiedene technische Prinzipien werden parallel weiterentwickelt, darunter auch der klassische Verbrenner. Er betonte außerdem den Fokus auf Digitalisierung. IVECO bekennt sich ebenfalls zum elektrischen Antrieb. Da man im Schwerlastbereich mehrmals umgedacht hat, erfolgt die weitere Entwicklung „ohne gefärbte Brille“, auch hier ließ sich also der Hinweis auf Technologieoffenheit heraushören. VOLVO Trucks sieht Oberösterreich als den größten heimischen Markt im Bereich der Transportfahrzeuge. 40 % der Transporte haben eine Tageskilometerleistung von unter 300 km. Hieraus kann man einen sinnvollen Einsatz des Elektroantriebs ableiten, parallel arbeitet man auch an der Wasserstofftechnik.
Einen echten Kontrast brachte Jochen Bublitz von Tschann/DAF in die Runde. Er führte zunächst aus, dass die Gesamtthematik durchaus kritisch gesehen wird und dass der Elektroantrieb kein Allheilmittel ist. Mit dem Hinweis auf die zunehmende Bedeutung von HVO, das bei weitaus geringeren Kosten zu 90 % CO2-neutral ist, hat er eine Variante aufgezeigt, die sich möglicherweise einmal als beste Übergangslösung durchsetzen wird. DAF ist an diesem Thema dicht dran, der grüne Kraftstoff kann bereits problemlos verfahren werden. Angesichts der großen Schwierigkeiten, die im Zusammenhang mit der Energiewende auf die Branche zukommen, sollte man immer auch ganz naheliegende Möglichkeiten in die Überlegungen einbeziehen.
Quintessenz: Die Zeiten sind herausfordernd, die Fachgruppe wirbt um Einmütigkeit, die Politik sollte die Dinge nicht so schwierig machen.
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