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MAN kriegt was Kleines


Der erste Transporter von MAN profitiert von hervorragenden Genen. Unter dem leuchtenden Lack steckt in vielen Punkten auch ein leuchtendes Vorbild für große Transporter. Eine Überraschung sind die großen Stärken der kleinsten Motorisierung.

„Ich wusste gar nicht, dass MAN auch solche Transporter baut?“ Dabei ist der neugierige Autofahrer auf dem Parkplatz offensichtlich ein MAN-Kenner. Denn er schiebt nach, dass die Marke bis 1963 Traktoren gefertigt hat: „Mein Vater hat 45 Jahre für MAN gearbeitet.“ Transporter fertigt MAN auch jetzt nicht, das erledigt VW gleich mit. Statt eines grünen alten Traktors steht hier ein nagelneuer orangener 3,5-Tonner, mit seiner Lackierung irgendwo zwischen Kommunalfahrzeug und Bau anzusiedeln.

MAN TGE

Der schwächste MAN – und trotzdem eine starke Leistung: Der Motor überzeugt durch Antritt und Sparsamkeit.

Mehr als 100 Jahre vergingen bis zu einem MAN mit Quermotor und Frontantrieb. Und mit einem Zweiliter-Motörchen, das reicht bei einem anständigen MAN-Diesel sonst gerade mal für einen einzigen Zylinder. Um das hinzubekommen, musste MAN im VW-Konzern landen und sich mit Volkswagen Nutzfahrzeuge verbünden. Nun gilt auch bei Transportern erstmals „It’s a MAN’s World“, um einen guten alten Songtitel zu zitieren. Der Löwe ziert den Kühlergrill mit der markentypischen schwarzglänzenden Plakette, am Heck prangt dick und groß der Markenschriftzug. Beim Einsteigen empfängt den Fahrer der Schriftzug TGE im Teppich, der Löwe schmückt das Lenkrad und leuchtet beim Einschalten der Zündung im Display auf. Fehlt nur, dass er sich dabei grollend räkelt wie der Filmlöwe von Metro-Goldwyn-Mayer. So viel Show aber ist einem MAN nicht beizubringen und auch nicht einem VW Crafter, denn das ist der MAN TGE bis in seine Faser hinein.

Frischere und bessere Gene gibt es zurzeit nicht in der Szenerie um 3,5 t Gesamtgewicht. Das beweist schon das Cockpit: genug Platz vom Kopf- bis zum Fußraum, gute Sicht dank schlanker A-Säulen und großer Windschutzscheibe, sehr bequeme Sitze, jede Menge Ablagen aller Art und Größe, einfache Bedienung, fein gezeichnete Instrumente, alles solide und gut verarbeitet. Stimmt, ohne Höhenverstellung ist die Sitzposition etwas tief, der Lichtschalter versteckt sich etwas und das Weitwinkelglas der von Haus aus prima Außenspiegel sollte verstellbar sein. Wenn’s mehr nicht ist?

Auch das Frachtabteil überzeugt: Dank Frontantrieb liegt die Ladekante niedrig, MAN spendiert Haltegriffe zum Einsteigen und LED-Flutlicht als Beleuchtung, es gibt jede Menge vertrauenerweckende Zurrösen. Der beschichtete Bodenbelag des Testwagens – aus Buchenholz, verrät im Manufaktum-Stil ein Katalog der Transporterzwillinge – wirkt ebenso seriös wie die Seitenverkleidung mit integrierten Airline-Schienen zur Ladungssicherung. Doch Obacht, die maximale Ladelänge gilt es nur auf Bodenhöhe, schon auf halber Höhe sind es 20 cm weniger, fair weisen die Datenblätter darauf hin. Auch die volle Dachhöhe gibt es nur vorn. Doch der MAN ist nicht etwa von seiner Last gebeugt, sondern von seiner Aerodynamik – aufmerksame Beobachter erkennen den Trick an den Schienen im Dachbereich. Das Leergewicht des Testwagens von 2,25 t geht angesichts einer gehobenen Ausstattung von der Klimaanlage bis zur Anhängerkupplung in Ordnung. Gespart hat MAN (oder VW?) an anderer Stelle: Unten rechts im Einstiegsbereich der Schiebetür haben die Lackierer an der Orangenhaut geknapst. Auch an der Innenseite der Motorhaube und dem Maschinenraum selbst fehlt es an der markanten Orangenfarbe – im Wortsinne ein Schönheitsfehler.

Dabei schlägt dort das Herz des TGE – und wie es pulsiert. Ausgerechnet die nominell schwächste Ausführung des Zweiliter-TDI mit 75 kW (102 PS) steckt voller Überraschungen. Der Diesel zieht kräftig an, reagiert spontan aufs Gas, läuft recht ruhig. Seine Nenndrehzahl erreicht das Triebwerk bereits bei 3.000 Touren, danach dreht es zwar tapfer weiter, wirkt aber kraftlos. Macht nichts, denn das durchzugsstarke Kaltblut lässt sich auch von voller Beladung nicht aus der Ruhe bringen.

Der ganze Artikel ist im Heft 8/2017 nachzulesen.


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