22. Sept. 20172 Min.

Niedriglöhne

Aktualisiert: 25. Nov. 2019

Im Streit um Lohndumping innerhalb der EU könnte es noch in diesem Herbst wichtige Fortschritte geben. Diese Erwartung hat jedenfalls der französische Präsident Emmanuel Macron geäußert. In seinen Kontakten zu fast allen anderen Regierungschefs der EU-Staaten während der letzten Monate hat er die Reform der EU-Entsenderichtlinie zu einem zentralen Thema gemacht. Und der Präsident hat dabei offenbar Fortschritte erzielt: Nach Gesprächen mit den Regierungschefs Tschechiens und der Slowakei Ende August in Salzburg und danach mit denen anderer Länder konnte er vermelden, dass er zumindest auf Bereitschaft gestoßen sei, über die unterschiedlichen Auffassungen zu diskutieren. Mit seinen Vermittlungsbemühungen liegt der Präsident ganz auf der Linie der EU-Kommission, die seinen Vorstoß denn auch ausdrücklich begrüßt hat. Das Prinzip, nach dem für dieselbe Tätigkeit am selben Ort immer der gleiche Lohn gezahlt werden muss, ist auch die Grundlage der von der Brüsseler Behörde vorgelegten Vorschläge für eine Neuordnung der EU-Sozialgesetzgebung. Die sind allerdings bei den Mitgliedstaaten nicht unbedingt nur auf Begeisterung gestoßen: Die Staaten Mittel- und Osteuropas wollen auf die Wettbewerbsvorteile, die ihnen ihr vergleichsweise niedriges Lohnniveau auf den Arbeitsmärkten des Westens verschafft, nicht so ohne Weiteres verzichten. Das betrifft in erster Linie das Baugewerbe. Aber auch im Transportsektor ist der Konkurrenzdruck billiger Fahrer aus dem Osten längst zu einem Ärgernis geworden. Die Vorschläge der EU-Kommission für eine Neureglung der Kabotage, die hier Abhilfe schaffen sollen, liegen auf dem Tisch, die Diskussion der Mitgliedstaaten darüber hat aber gerade erst begonnen. Für Macron geht es dabei allerdings um mehr als nur „Meinungsunterschiede“ mit den östlichen Mitgliedstaaten. Den derzeitigen Zustand auf den Arbeitsmärkten der Union – und in erster Linie natürlich in Frankreich – hat er zuletzt als „Verrat am Geiste Europas“ bezeichnet. Die Freizügigkeit in der Union sei nicht geschaffen worden, um denen mit den niedrigsten Sozialstandards zu helfen, hatte er zuletzt immer wieder wissen lassen. Im Wahlkampf hatte er in diesem Zusammenhang sogar von einer „Neugründung Europas“ gesprochen, das zu seinen Kernaufgaben zurückfinden müsse. Und zu denen gehört für Macron neben dem Schutz der Bürger vor Terrorismus und der Regelung der Flüchtlingsprobleme eben auch das Problem des Lohndumpings. Bei seinen direkten Kontakten zu den betroffenen Staaten wollte er deshalb nun offenbar ausloten, unter welchen Bedingungen man dort bereit wäre, schärferen Sozialvorschriften zuzustimmen. Dass das nicht ohne politische Gegenleistungen funktionieren wird, ist auch den Beobachtern in Brüssel klar. Dass Macron bei seinen Bemühungen aber nicht auf völlige Ablehnung stieß und der tschechische Ministerpräsident Bohuslav Sobotka sogar eine Einigung noch in diesem Jahr als realistisch bezeichnete, wurde in der EU-Metropole jedenfalls als ermutigendes Signal gewertet.

Weitere News aus Brüssel lesen Sie im Heft 8/2017.

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